Eine Oldtimer-Rallye im Iran:

"Tehran to Gilmaz 1392/2013"

Imam Koumeyni International Airport, rund 40 km südlich von Teheran. Angesichts der Tatsache, dass Teheran eine 12 Millionen-Stadt ist, ist recht wenig los auf dem Flughafen. Wir sid gespannt, ob Wirtin Visum bekommen. Bisher war alles mehr als verwirrend, da in Deutschland keine verläßliche Auskunft über die Visums-Situation zu bekommen war. Entgegen aller "Warnungen" von offizieller Seite stellte sich die Einreise jedoch als sehr unkompliziert dar.

Unser Gepäck wird teilweise auf dem Dach einer viertürigen, gelben „Iran Khodro“-Taxilimousine verzurrt und so rollen wir spannungserfüllt nach Teheran. Der erste Programmpunkt ist ein Besuch des „Historical Car Museums of Iran“, dessen unumstrittenes Highlight ein Mercedes-Benz Autobahnkurier von 1936 ist.

Weiter geht es zur „Motorcycle and Automobile Federation of the Islamic Republic of Iran“ (MAFIRI), wo wir einen Termin mit dem Präsidenten, Herrn Hamid Reza Mehrali haben.

Am nächsten Tag beginnt die Rallye „Tehran to Gilmaz 1392/2013“. Am Startplatz finden wir eine ansehnliche Menge von Old- und Youngtimern vor, überwiegend amerikanische Autos, gefolgt von deutschen Fabrikaten. Überall werden Startnummern und Sponsorenaufkleber angebracht. Es ist das gleiche Bild wie bei heimischen Rallyes, das Ganze könnte sich auch irgendwo in Deutschland abspielen.

Zunächst führt die Route über 35 km Autobahn, bis die Stadt endgültig hinter uns liegt. Wir fahren in einem der Supportfahrzeuge mit, unser Fahrer war für die Streckenführung der Rallye verantwortlich und kommt daher ohne Roadbook aus. Ein nicht zu unterschätzender Vorteil, denn lesen kann ich das in Farsi abgefasste Roadbook ohnehin nicht. Die Straße führt bergan durch den Elburs, ein Hochgebirge, das bis zu 5.671 m (die höchste Erhebung ist der Vulkan Damavand) hoch aufragt und die Teheran vom Kaspischen Meer trennt.

Plötzlich große Aufregung. An einer Polizeistation wurden einige Teilnehmerfahrzeuge der Rallye aufgehalten. Es stellt sich heraus, dass die Polizei hier offenbar nichts von der Rallye weiß. Der diensthabende Chef will auch die Kopien der Genehmigung nicht akzeptieren und droht zunächst damit, dass gar keiner weiterfährt. Nach längeren Verhandlungen schließlich können einige Teilnehmer weiterfahren, allerdings müssen sie die Startnummern und Sponsorenaufkleber entfernen, um wie völlig normale Verkehrsteilnehmer auszusehen. Es wird weiter verhandelt, Führerscheine und Fahrzeugpapiere werden eingesammelt und überprüft, die Föderation angerufen. Scheinbar hat die Genehmigungsbehörde versäumt, diese Polizeistation von der Rallye zu informieren. Sicher spielt es auch eine Rolle, dass aufgrund der bevorstehenden Präsidentschaftwahlen Mitte Juni eine gewisse Nervosität herrscht. Nach ca. 3 Stunden klärt sich jedoch alles auf und alle dürfen weiterfahren.

Die Gebirgsstraße führt durch ein enges Tal, in dem dicke Wolken und Nebel hängen. Im Wald sind hier und da noch Schneerest zu sehen, wir sind sicher in ca. 3.000 m Höhe unterwegs. Da das Gebirge zwar rund 600 km lang, aber nur rund 80 km breit ist, erreichen wir bald das Kaspische Meer und sind somit dem Tagesziel Ramsar schon ganz nahe.

Der zweite Rallyetag führt uns entlang der Küstenstraße nach Rasht, der Hauptstadt der Provinz Gilan. Mit knapp 900.000 Einwohnern ist Rasht die größte Stadt am südlichen Kaspischen Meer. Aufgrund der Lage gibt es hier deutlich stärkere Niederschläge als im Rest des Landes, was zu einem üblicherweise schwülen Sommerklima führt. Durch die hohen Niederschlagswerte kann hier im Nord-Iran auch Reis angebaut werden. Einen weiteren Stop legen wir in Lahijan ein, einer 90.000 Einwohner Stadt, die inmitten von ausgedehnten Teeplantagen liegt. Tee wurde erst um 1900 aus Indien in den Iran eingeführt und ist seither hier zur Tradition geworden. Der frische „Lahijan Spring Tea“ ist von besonders guter Qualität und so findet sich in unserem Gepäck auch bald 1 kg iranischer Tee. In Rascht angekommen muss ich gleich mehrere TV-Interviews geben (das dann tagelang in häufigen Wiederholungen ausgestrahlt wird) und werde außerdem noch von einem Mitglied des Parlaments begrüßt. Der Mann, scheinbar ein beliebter Politiker hier in der Provinz, sitzt im Rollstuhl und heißt uns herzlich in seiner Heimat willkommen. Er versichert sich, ob es uns auch gut geht und an nichts fehlt. Außerdem bietet er seine Hilfe an, sollten wir irgend etwas vermissen oder brauchen. Was will man mehr.

Als die Rallye wieder aufbricht haben sich zahlreiche Zuschauer an der Straße versammelt und sind fasziniert von dem seltenen Anblick der klassischen Fahrzeuge. Wir verlassen die Stadt in einem Pulk von Camaros – ein seltsamer Anblick angesichts von Moscheen und Plakaten, von denen der 1989 verstorbene Revolutionsführer Ayatollah Khomeini und sein Nachfolger, der Oberste Rechtsgelehrte Imam Sayyed Ali Chamenei auf die Straße herunter blicken.

Wieder zurück im Hotel in Ramsar spielt sich der Abend überwiegend in der Lobby ab, wo ich mich mit einer sehr bemerkenswerten Frau unterhalte. Sie ist nicht nur nett, klug und gutaussehend – sie ist vor allem Rennfahrerin. Eine außergewöhnliche Konstellation in dieser Männergesellschaft.

Der letzte Rallyetag führt uns wieder zurück nach Teheran, wo das Ziel der Rallye am Eingang zu einem großen Sportgelände liegt, in dem sich auch eine kleine Rennstrecke befindet, die den hiesigen Motorsportfreunden als Trainingsgelände zur Verfügung steht.

Den Abend verbringen wir mit Daniel Bernbeck, der uns aus seiner unerschöpflichen Erfahrung, die er im Lauf seines Lebens im Iran gesammelt hat, erzählt. Sein Vater war der evangelische Pfarrer in Teheran und Daniel ist praktisch hier aufgewachsen. Selbstverständlich spricht er fast muttersprachlich Farsi und kennt die iranische Gesellschaft samt ihrer Eigenheiten in- und auswendig. Immer mehr verwundert es uns, wie wenig man in Deutschland über dieses Land und seine Kultur weiß. Die Idee des Abends ist, eine Pizza essen zu gehen. Hassan macht angeblich die beste Pizza im Iran und gleich nebenan ist eine Eisdiele. Pizza und Eis schmecken tadellos, wie in Italien.

Mehr über diese ungewöhnliche Reise und die auf die Rallye folgenden Tage in Isfahan gibt es hier zu lesen (mit zahlreichen Fotos).

Fotos rechts (von oben nach unten):

1. Startvorbereitungen

2. Gespräch mit den offiziellen Vertretern der MAFIRI

3. Ein Mercedes Benz 300 SL Flügeltüren am Start

4. Unterwegs: 1974 Baldwin-Motion 454 Phase III Camaro und ein 1971 Mercedes Benz 280S, der im Jahr 2011 die Strecke Tehran-Berlin-Tehran (13.500 km)absolvierte

5. Der 1936er Mercedes-Benz 540K Autobahn Kurier in Tehran's Oldtimer Museum. Der verbaute Motor ist von einem Cadillac, der originale Motor steht in England.

Meine andere Website: www.classicmotourist.blogspot.de

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